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Meine geliebte Welt


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Meine geliebte Welt Psychologen haben bisher keine Erklärung dafür gefunden, warum manche Menschen an den widrigen Umständen ihrer Kindheit scheitern und warum andere Menschen es schaffen, trotz ungünstiger Startbedingungen ein erfolgreiches Leben zu führen. Man wüsste gerne, ob es ein Gen ist, das zu solcher Widerstandsfähigkeit führt oder ob es eine bestimmte Geisteshaltung, ein bestimmter Aspekt der Rahmenbedingungen ist, der Stärke verleiht. Sonia Sotomayor wuchs in der Bronx als Tochter von puertoricanischen Einwanderern auf und lief als Kind täglich an Drogenkranken und Gewalttaten vorbei. Veraltete und gewalttätige Schulmethoden und demotivierende, diskriminierende lehrende Nonnen waren ihr Bildungsumfeld. Ihr Vater war alkoholabhängig, ihre Mutter arbeitete in Nachtschichten im Krankenhaus, so dass Sonia Sotomayor als Kind viel auf sich alleine gestellt war. Eine positive Konstante stellte ihre Großmutter dar, die ihre Enkelin förderte und unterstützte. Zufälle, wohlmeinende Mentoren, Stipendien und ihr durchhaltungsstarker Lernwille befähigten Sonia Sotomayor die Schule hervorragend abzuschließen und in Princeton und später in Yale zu studieren. Ab ihrem Start in Princeton ging es für Sonia Sotomayor konstant auf ihre heutige Karriere zu. Sie engagierte sich in den richtigen gemeinnützigen Organisationen, sammelte Unterstützer, die sie protegierten, und schrieb gute Noten. Nach ihrem Einstieg bei der Staatsanwaltschaft wechselte sie einige Jahre später in eine Anwaltskanzlei, von der aus sie den Sprung auf die Richterposition schaffte. Das Buch ist spannend geschrieben und nimmt den Leser auf eine Reise von der amerikanischen Unterschicht in die Justiz aus verschiedenen Blickwinkeln mit. Wenn die Autorin ihre spektakulärsten Fälle skizziert, wundert sich der europäische Leser über die Details eines typisch amerikanischen Prozesses. Wenn sie ihre spannendsten Plädoyers vor der Jury referiert, kann man kaum glauben, dass derart faktenlos einzig durch Druck auf die Tränendrüse Prozesse gewonnen werden können. Das ist auch der absolute Gewinn des Buches: Ein ungeschminkter Blick auf die amerikanischen Prozessabläufe, vermittelt durch eine Person, deren erklärtes Ziel der Dienst an der Gesellschaft durch Umsetzung der Gerechtigkeit ist. Die Überlegungen, ob der amerikanische Weg ein aussichtsreicher ist, um einer Gesellschaft zu Gerechtigkeit zu verhelfen, stellen sich beim Leser ganz von alleine ein. Dies ist ein größeres (wenn auch gänzlich ungewolltes) Verdienst eines Buches, das genau das nicht zu erreichen suchte. Sonia Sotomayor skizziert ihren unbestritten beeindruckenden Lebensweg, gezeichnet von einer absoluten Fokussierung auf die Karriere. Ihr Ziel, Menschen mit einem schweren Schicksal mittels ihrer Memoiren wissen zu lassen, dass jedes noch so hoch gesteckte berufliche Ziel durch erhebliche persönliche Anstrengung erreicht werden kann, entspricht dem typischen Bild des amerikanischen Traumes. Leider unterliegt die Autorin der Versuchung, eine durchaus interessante berufliche Autobiografie (die ihrem Ziel, anderen Mut zu machen tatsächlich entsprochen hätte) durch eine Detailfülle aus dem privaten Bereich anzureichern. Ob ihre anvisierte Leserschaft dazu wirklich wissen muss, dass sie z.B. noch in hohem Alter von ihrer Mutter gekaufte, anscheinend abscheuliche Unterwäsche trug, sei dahin gestellt. Wichtiger wären wohl Hinweise zur Art ihrer Vorbereitungsarbeit, ihrer Netzwerkbildung und ihrer Selbstpräsentation gewesen, die über das Maß der Allgemeinplätze „bis zum Umfallen arbeiten“, „so gründlich vor wie noch nie vorbereiten“ und „keine private Ablenkung zulassen“ hinausgehen. Eine Selbstreflexion, ob z.B. der berufliche Erfolg nicht in Vereinbarung mit privatem Glück (über Freundschaften hinaus) hätte erreicht werden können, führt die Autorin nicht durch. Hier stellt sich auch der negative Beigeschmack ein, den das Buch hinterlässt. Der Anspruch, den die Autorin selbst an ihre Autobiografie stellt, nämlich Lehrbuch und Vorbild für ihresgleichen zu sein, wird konterkariert durch das, was das Buch tatsächlich ist: eine „normale“ Autobiografie einer Person, die Beachtliches in ihrem Leben erreicht hat. Mit dieser reinen Unterhaltungsfunktion wäre für das Buch genug erreicht gewesen - dem moralischen Anstrich, den das Buch schon im Klappentext erhält, wird es nicht gerecht.

Psychologen haben bisher keine Erklärung dafür gefunden, warum manche Menschen an den widrigen Umständen ihrer Kindheit scheitern und warum andere Menschen es schaffen, trotz ungünstiger Startbedingungen ein erfolgreiches Leben zu führen. Man wüsste gerne, ob es ein Gen ist, das zu solcher Widerstandsfähigkeit führt oder ob es eine bestimmte Geisteshaltung, ein bestimmter Aspekt der Rahmenbedingungen ist, der Stärke verleiht.

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Sonia Sotomayor wuchs in der Bronx als Tochter von puertoricanischen Einwanderern auf und lief als Kind täglich an Drogenkranken und Gewalttaten vorbei. Veraltete und gewalttätige Schulmethoden und demotivierende, diskriminierende lehrende Nonnen waren ihr Bildungsumfeld. Ihr Vater war alkoholabhängig, ihre Mutter arbeitete in Nachtschichten im Krankenhaus, so dass Sonia Sotomayor als Kind viel auf sich alleine gestellt war. Eine positive Konstante stellte ihre Großmutter dar, die ihre Enkelin förderte und unterstützte. Zufälle, wohlmeinende Mentoren, Stipendien und ihr durchhaltungsstarker Lernwille befähigten Sonia Sotomayor die Schule hervorragend abzuschließen und in Princeton und später in Yale zu studieren.

Ab ihrem Start in Princeton ging es für Sonia Sotomayor konstant auf ihre heutige Karriere zu. Sie engagierte sich in den richtigen gemeinnützigen Organisationen, sammelte Unterstützer, die sie protegierten, und schrieb gute Noten. Nach ihrem Einstieg bei der Staatsanwaltschaft wechselte sie einige Jahre später in eine Anwaltskanzlei, von der aus sie den Sprung auf die Richterposition schaffte.

Das Buch ist spannend geschrieben und nimmt den Leser auf eine Reise von der amerikanischen Unterschicht in die Justiz aus verschiedenen Blickwinkeln mit. Wenn die Autorin ihre spektakulärsten Fälle skizziert, wundert sich der europäische Leser über die Details eines typisch amerikanischen Prozesses. Wenn sie ihre spannendsten Plädoyers vor der Jury referiert, kann man kaum glauben, dass derart faktenlos einzig durch Druck auf die Tränendrüse Prozesse gewonnen werden können. Das ist auch der absolute Gewinn des Buches: Ein ungeschminkter Blick auf die amerikanischen Prozessabläufe, vermittelt durch eine Person, deren erklärtes Ziel der Dienst an der Gesellschaft durch Umsetzung der Gerechtigkeit ist. Die Überlegungen, ob der amerikanische Weg ein aussichtsreicher ist, um einer Gesellschaft zu Gerechtigkeit zu verhelfen, stellen sich beim Leser ganz von alleine ein. Dies ist ein größeres (wenn auch gänzlich ungewolltes) Verdienst eines Buches, das genau das nicht zu erreichen suchte.

Sonia Sotomayor skizziert ihren unbestritten beeindruckenden Lebensweg, gezeichnet von einer absoluten Fokussierung auf die Karriere. Ihr Ziel, Menschen mit einem schweren Schicksal mittels ihrer Memoiren wissen zu lassen, dass jedes noch so hoch gesteckte berufliche Ziel durch erhebliche persönliche Anstrengung erreicht werden kann, entspricht dem typischen Bild des amerikanischen Traumes. Leider unterliegt die Autorin der Versuchung, eine durchaus interessante berufliche Autobiografie (die ihrem Ziel, anderen Mut zu machen tatsächlich entsprochen hätte) durch eine Detailfülle aus dem privaten Bereich anzureichern. Ob ihre anvisierte Leserschaft dazu wirklich wissen muss, dass sie z.B. noch in hohem Alter von ihrer Mutter gekaufte, anscheinend abscheuliche Unterwäsche trug, sei dahin gestellt. Wichtiger wären wohl Hinweise zur Art ihrer Vorbereitungsarbeit, ihrer Netzwerkbildung und ihrer Selbstpräsentation gewesen, die über das Maß der Allgemeinplätze „bis zum Umfallen arbeiten“, „so gründlich vor wie noch nie vorbereiten“ und „keine private Ablenkung zulassen“ hinausgehen. Eine Selbstreflexion, ob z.B. der berufliche Erfolg nicht in Vereinbarung mit privatem Glück (über Freundschaften hinaus) hätte erreicht werden können, führt die Autorin nicht durch. Hier stellt sich auch der negative Beigeschmack ein, den das Buch hinterlässt. Der Anspruch, den die Autorin selbst an ihre Autobiografie stellt, nämlich Lehrbuch und Vorbild für ihresgleichen zu sein, wird konterkariert durch das, was das Buch tatsächlich ist: eine „normale“ Autobiografie einer Person, die Beachtliches in ihrem Leben erreicht hat. Mit dieser reinen Unterhaltungsfunktion wäre für das Buch genug erreicht gewesen - dem moralischen Anstrich, den das Buch schon im Klappentext erhält, wird es nicht gerecht.

geschrieben am 04.05.2014 | 595 Wörter | 3754 Zeichen

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